Lukas Althoff studiert ein Semester an der Harvard University. Im Interview erfahrt ihr, wie es ihm als Student in Boston ergeht, warum es ihn in die weite Welt verschlägt und warum er München trotzdem manchmal vermisst.

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Foto: Lukas Althoff.

Du studierst VWL an der LMU und TUM-BWL an der TUM und bist momentan für zwei Semester an der Harvard University. Was verschlägt dich dorthin und wie ist es dir bis jetzt ergangen?

Die Erfahrung in Harvard bietet mir natürlich auf der einen Seite die Möglichkeit mich akademisch weiterzuentwickeln, aber viel wichtiger: das Jahr hat mich bisher persönlich extrem geprägt, hat mir in vielen Dingen die Augen geöffnet, meinen Vorstellungshorizont enorm erweitert und hat letztendlich eine super Zeit und gute Freundschaften mit sich gebracht. In Harvard konnte ich Kurse in Statistik, Psychologie, Politik, und VWL belegen – ich behaupte, dass der straffe deutsche Studienplan weniger inspirierende Möglichkeiten zur eigenen Neuerfindung bietet. Neben top Kursen und super Betreuung bietet die Uni außerdem ein Vollzeitprogramm an Freizeitaktivitäten, sodass man den Campus nie (wortwörtlich „nie“) wirklich verlassen muss. Sich ein Jahr ein Zimmer mit einem anderen Studenten zu teilen, heißt nicht nur Kompromisse zu finden und Rücksicht zu nehmen, sondern man lernt viel über sich selbst und kann eine super Zeit haben. Jedem der die Möglichkeit hat amerikanische Campusluft zu schnuppern, kann ich ohne Einschränkung empfehlen das zu tun.

Hättest du auch akzeptiert, an einer weniger namhaften amerikanischen Uni zu studieren?

Klar, meine Alternativbewerbung ging an die Columbia University. Spaß beiseite!

„It’s not about the where, it’s about the people you’re with“


– ich bin mir sicher, das Zitat stammt von einem weisen Philosoph, welcher damit meiner Ansicht nach vollkommen den richtigen Punkt trifft. Den Ehrgeiz, die Begeisterungsfähigkeit, die Toleranz und Aufgeschlossenheit der Leute hier sowie das Gefühl, dass nichts unmöglich ist, möchte ich nicht missen. Der Grad der Internationalität ist genauso einmalig wie das Interesse der Studenten hier, voneinander zu lernen. Da ich davon überzeugt bin, dass jeder persönlich extrem davon profitieren kann, aus seiner heimischen Komfortzone auszubrechen, wäre ich ohne Frage auch an einen anderen Ort gegangen. Während der Oberstufe habe ich ein Jahr in Ecuador verbracht. Die Zeit war trotz stark verbesserungswürdigem Bildungssystem sehr lehrreich.

Wenn es da einen Punkt gibt: Was würdest du im Nachhinein besser machen? (Mehr reisen, weniger essen, bestimmte Menschen treffen, was kannst du anderen mit auf den weg geben).

Mehr reisen nicht, aber definitiv vorbereiteter reisen: letztes Semester war einer meiner besten Freunde zu Besuch am Campus. Um mehr vom Nordosten der USA und Kanada zu sehen, mieteten wir uns für eine Woche ein Auto. Am ersten Tag wollten wir also direkt nach Montreal (Kanada) fahren. Nach sechs Stunden wahnsinnig toller Landschaft kamen wir an der Kanadischen Grenze an. Passkontrolle kein Problem, solange man seinen Reisepass dabeihat. Ich hatte ihn leider nicht dabei. Dach einigen Stunden Befragung begleitet von einem Hauch Angst, die Nacht im Kanadischen Grenzgefängnis verbringen zu müssen, wurden wir ohne Umwege zurück in die USA verfrachtet. Ich hatte mir Kanada offen gestanden schöner vorgestellt.

Neben dem Nicht-Vergessen meines Reisepasses würde ich außerdem im Alltag häufiger mein Laptop zu Hause lassen. Außerdem ist das zwei Ubahn-Stationen entfernte Zentrum von Boston extrem schön. Das Campusleben mit all seinen Vorzügen lässt einen oft vergessen, was es außerhalb der „Bubble“ zu sehen gibt. Ich habe mir für dieses Semester vorgenommen, öfter aus der Blase auszubrechen und mehr von Massachusetts’ Hauptstadt kennenzulernen.

Was hast du nach Mai vor?

Im Mai komme ich zurück nach Deutschland und habe noch ein Semester Studium vor mir. Ich plane mich währenddessen noch einmal verstärkt für die studentischen Initiativen einzusetzen, in denen ich Mitglied bin. Die Zeit zwischen März und September möchte ich nutzen, um Praxiserfahrung im Ausland zu sammeln. Ich würde gerne die Zeit in Asien verbringen. Schlussendlich geht es im September 2017 dann weiter mit dem Masterstudium. Ich hoffe einen Platz in den USA oder GB zu bekommen.

Du hast in München einige Nebenjobs gehabt. Welcher war der „beste“ / interessanteste? Auch speziell für TUM-Studenten…

Während dem ersten Jahr der Uni habe ich regelmäßig in einem Restaurant als Kellner gearbeitet. Das kann ermüdend sein, aber man verbessert seinen Umgang mit Menschen und lernt Freundlichkeit im Alltag zu schätzen. In den neun Monaten als Praktikant und Werkstudent bei der Münchner Internetagentur Exutec habe ich Webdesign- und Programmiererfahrungen gesammelt. Zwischen kreativen Designern und strukturierten Programmierern habe ich eine extrem positive Unternehmenskultur erlebt und konnte viele meiner Ideen frei von Hierarchien einbringen. Dennoch, habe ich mehr und mehr realisiert, dass ich mich beruflich für Forschung interessiere. Dadurch hat es mich für elf Monate an das Max-Planck-Institut für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen verschlagen. Im Zuge dessen konnte zunächst für drei Monate Erfahrungen im bestehenden Experimentallabor für Wirtschafswissenschaften (MELESSA) der LMU sammeln, um dann die Erfahrungen mit an das neu gegründete Labor des MPIs zu nehmen. Die Zeit im MELESSA und besonders im MPI war super, besonders aufgrund der professionellen und freundlichen Atmosphäre und der motivierten Kollegen. Der letztere Job war eindeutig eine spannende Aufgabe und hat meine Laufbahn am stärksten beeinflusst.

Vermisst du manchmal München oder Landsberg (warum ja warum nein)?

Ich vermisse München (und Europa generell) häufig aufgrund des Lebensstils, der guten Gespräche, der Zeit mit meinen Freunden, des Essens und der Kultur. Die Schnittmenge der Werte, welche die meisten von uns Europäern und Amerikanern teilen, ist ohne Frage groß. Dennoch gibt es große Unterschiede. Das sorgt für sehr interessante Diskussionen und regt mich regelmäßig zum Nachdenken an. Gleichzeitig hat es mir klargemacht, wie sehr ich meiner Heimat verbunden bin und freue mich deshalb jedes mal nach Hause zu kommen.

Wenn du mit dem CEO eines erfolgreichen Unternehmens tauschen dürftest, welches wäre es dann?

Ich denke es ist erstrebenswert den Erfolg eines Unternehmens für gesellschaftliche Ziele zu nutzen. Leider liegen die meisten Unternehmen, die sich den medizinischen und ähnlich dringenden Problemen unserer Zeit widmen, oft außerhalb meines Horizonts. Große Technologiekonzerne machen (bspw. mit Internet.org und anderen Initiativen) aufgrund ihrer enormen Reichweite ihrer Projekte häufig ein gutes Bild auf mich. Persönlich würde ich am liebsten für eine supranationale Organisation, wie die World Bank, den Internationalen Währungsfonds (IWF), oder die EU arbeiten.

Der Kommissar bedankt sich ganz herzlich für das Interview! Wenns euch gefällt – wie immer liken und teilen!

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